Textatelier
BLOG vom: 31.07.2008

Finanzsenator Sarrazin: Energiesparvorschläge und Sprüche

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin wird seit seinen knackigen Sprüchen der „Dieter Bohlen der Politik“ genannt. Wohl zu Recht, denn wenn er einen guten Ausspruch hinlegt und hervorragende oder nicht so gute Vorschläge publik macht, hört die ganze Nation zu. Und dann bekommt er harsche Kritik zu spüren.
 
Nun, man kann solche Aussagen nur durch Humor und Satire ertragen. Aber hören wir einmal rein, was er kürzlich gesagt hat: „Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 bis 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können.“
 
Der Politiker wollte durch seine Äusserung ja nur zum Energiesparen aufrufen. Und schliesslich hat jeder Mensch einen dicken Pullover oder zwei davon, die er sich im stillen Kämmerlein überziehen kann.
 
Und noch etwas: Die Deutschen haben ja genug Erfahrung mit dem Sparen, aber wohl nur die Älteren, die die Nachkriegszeit erlebt haben. Da wurde zum Beispiel nur ein Zimmer im Haus oder der Wohnung beheizt und das Holz aus dem Wald geholt. Ich selbst habe erlebt, dass bei strengen Wintern in meinem Schlafzimmer ein Eisflaum an den Wänden war. Zu jener Zeit (um 1960) hatte man noch wenig Sinn für Isolierungen. Wir deckten uns zusätzlich zum Oberbett mit einer Decke zu. Nach kurzer Gänsehautzeit wurde es immer wärmer im Bett. Aber etwas Gutes hatte dies: Man wurde unwahrscheinlich abgehärtet und war resistent gegen Erkältungskrankheiten.
 
Thilo Sarrazin hatte vielleicht auch die Volksgesundheit im Sinn. Die heutigen Weicheier müssten sich jedoch erst an die harte Realität gewöhnen. Und nach einer Gewöhnungszeit wird bestimmt die Gesundheit einziehen.
 
Ulrich Maurer von der Partei für soziale Wärme, die Linke, sagte empört: „Gegen so viele soziale Kälte helfen auch Pullover nicht!“ Und was äusserte der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“? Dies: „Wenn Sarrazins Grösse von seiner Sensibilität abhängig wäre, könnte er unter dem Teppich Fallschirm springen.“ Das hat er bestimmt noch nicht ausprobiert!
 
Kein Fernseher und Handy
Ganz amüsant fand ich die Vorschläge des Karikaturisten Stuttmann in der „Badischen Zeitung“ vom 30.07.2008. Der 1. Vorschlag lautete: „Ohne Fernseher, Video oder DVD ging es früher schliesslich auch!“ Auf dem Bild ist ein Ehepaar zu sehen, das aus dem Fenster schaut und die Landschaft und Leute beobachtet. In den 50er- und den 60er-Jahren war dies in kleinen Ortschaften üblich. Das nachbarliche Leben und jenes auch auf der Strasse waren viel interessanter. So wurden die Nachbarn oder Besucher gnadenlos beäugt und dann entsprechende Vermutungen über den Lebenswandel der einen oder anderen Person verbreitet. Auf jeden Fall war zu jener Zeit das Beäugen interessanter als das Fernsehen.
 
Der 2. Vorschlag lautete: „Teure Stereoanlagen und HP3-Player müssen nicht sein!“ Da sieht man einen Mann, der in seiner Wohnung mit einem Löffel auf Töpfe schlägt. Nun auch hier könnte man mit einem einfachen Radio oder Plattenspieler Musik hören oder selbst Musik mit einem Instrument machen. Oder singen, bis der Nachbar aus den Federn fliegt.
 
Der 3. Vorschlag lautete: „Handys sind völlig überflüssig!“ Ein Mann sitzt am Stadtrand und macht Rauchzeichen. Vorteil: Er ist keinem Elektrosmog ausgesetzt. Nachteil: Er wird die Umwelt verschmutzen und könnte sich eventuell eine Rauchvergiftung holen.
 
Der 4. Vorschlag lautete: „Anstatt im Internet zu surfen, kann man sich für 1 Euro ein Buch auf dem Trödelmarkt kaufen!“ Dieser Vorschlag ist für uns Blogger wohl unglaublich schwer zu realisieren, zumal wir dann auf diverse Blogs verzichten müssten. Aber es gibt eine andere Sparmöglichkeit: Man besorgt sich Bücher aus der „Buchschachtel“ oder Brockenstube. Dort gibt es Bücher umsonst oder für einen kleinen Obolus. Und wer seine alten (nicht die Alte) loswerden möchte, kann sie dort abgeben.
 
Der 5. Vorschlag lautete: „Und anstatt jeden Tag warm zu duschen, verzichtet man ab und zu mal auf den Regenschirm!!“ Da sieht man auf der Zeichnung einen bekleideten Mann, der sich in den Regen stellt und eine Dusche von oben geniesst. Ich kenne Leute, die sich nicht dem Regen aussetzen, wenig oder im Sommer gar nicht duschen, sondern lieber in einen Baggersee hineinstürzen und dort umsonst ihren körperlichen Dreck abladen.
 
Weitere Energiesparmassnahmen von mir sind diese: Autos stehen lassen, nicht tanken, mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren oder mit dem Vehikel Einkäufe erledigen. Dafür Pullover kaufen, damit man im Winter nicht friert. Man könnte aber auch gemeinsam in ein kaltes Bett kriechen und sich erwärmen oder gemeinsam duschen. Und wer an Beleuchtung sparen möchte, der sollte sich ein Fahrrad ins Zimmer stellen und kräftig strampeln, dann wird ihm Licht gegeben. Vor etlichen Jahren wurde eine Fahrradanlage in einem afrikanischen Dorf gezeigt. Dort strampelten Jugendliche auf dem Fahrrad, dann konnten sie fernsehen.
 
Haben die nur Mist im Kopf?
Ein Leser der Online-Ausgabe des „Focus“ war sehr erzürnt. Er meinte, die Politiker hätten nur noch Mist im Kopf. Ich finde, Mist sei immer noch besser als gar nichts im Kopf. Dann meinte der Schreiber, man müsste diese Personen auf Hartz IV setzen. „Mal sehen, ob sein Hintern kalt ist, wenn er das macht.“ Ich finde es besser, einen kalten Hintern zu haben als kalte Füsse.
 
Ein Hartz-IV-Empfänger liess seinen Ärger los. Er meinte, dass dieser Politiker ein dummer Mensch sei und sich auf Kosten anderer voll und satt frisst und sich an einem warmen Hintern im Winter erfreut. Wenn dieser Politiker wirklich ein dummer Mensch ist, dann trifft auf ihn der Spruch von Heinrich Heine zu: „Ein Kluger bemerkt alles. Ein Dummer macht über alles eine Bemerkung.“
 
Aber damit noch nicht genug. Sarrazin wird auch als Provokateur bezeichnet und als „exzellenter“ Rechner dargestellt. So hat er einmal errechnet, dass ein Harz-IV-Empfänger von 4,25 Euro pro Tag gut leben kann. Nun man könnte das auch. Der Betreffende müsste nur von ungesunder Konservenkost leben. Da gibt es bei uns schon Erbsen- oder Linseneintöpfe von einem Euro und günstiges Brot für 1,50 Euro im Supermarkt. Teures Bier, Cola oder andere Getränke wären nichts für den Armen, denn er muss ja sparen und über die Runden kommen. Er sollte dann gutes Leitungswasser konsumieren. Das ist gesund und schont den Geldbeutel. Und noch ein Vorteil: Wer sich so spartanisch ernährt, wird nicht dick. Wird er jedoch krank, dann ist es sein Pech.
 
Warum sollten wir uns aufregen? Waren es doch viel versprechende Einsparmöglichkeiten, die uns Thilo Sarrazin hier präsentierte. Sammeln wir wieder Holz, verheizen dieses oder legen uns einen warmen Pullover oder Wintermantel zu und erwärmen uns am Kerzenlicht.
 
Letzten Endes werden die Politiker bemerken, dass weniger Steuergelder (Mehrwertsteuer) in die Kassen fliessen, und dann kommen wieder Vorschläge, um die Konjunktur anzukurbeln. Den intelligenten Auserwählten der Nation wird dies sicherlich gelingen. Und das Volk nimmt Vorschläge gierig auf.
 
Markige Sprüche
Und zum Schluss noch einige markige Sprüche von Sarrazin:
 
„Für 5 Euro würde ich jederzeit arbeiten gehen. Das wären 40 Euro pro Tag“ (Juni 2008).
 
„Bayerische Schüler ohne Abschluss können mehr als unsere in Berlin mit Abschluss“ (Februar 2008).
 
„Wer als Hartz-IV-Empfänger genug Kraft für ein Ehrenamt hat, der sollte dann die Kraft darin legen, Arbeit zu finden“ (Oktober 2007).
 
„Wenn man sich das anschaut, ist das kleinste Problem von Hartz-IV-Empfängern das Untergewicht“ (Februar 2008).
 
„Die Beamten laufen bleich und übel riechend herum, weil die Arbeitsbelastung so hoch ist“
(Februar 2002).
 
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