Textatelier
BLOG vom: 10.01.2011

UBS-Anlagetips: Auffangnetze aus Gold unter Staatsanleihen

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Auch die Finanzwelt ist aus den Fugen geraten, und die traditionellen Regeln, wie sie bisher für Anlageberater und Anleger galten, sind ungefähr noch so viel wert wie die US-Schrottpapiere. Wer falsch denkt, falsch handelt (investiert), zahlt einen hohen Preis. Das muss nicht sein, liegen doch gewisse Fakten klar auf der Hand: Die sogenannten Schwellenländer, insbesondere China, Russland, Korea und Brasilien, erhalten wegen ihres starken Wirtschaftswachstums in der Finanzwelt mehr Gewicht, und vor allem die USA, aber auch Frankreich, Japan und Grossbritannien sind in einer lausigen Verfassung. Amerika bereitet sich auf den Staatsbankrott vor.
 
Am Kundenanlass „Anlageperspektiven 2011“ der Grossbank UBS im Aarauer Kultur- und Kongresszentrum(Saalbau) vom 06.01.2011 wurde in finanzstrategisch fundierter Art das Unmögliche versucht: die Zukunft vorauszusagen. Der Chefökonom Daniel Kalt trug vorerst einmal zur Aufwärmung des frostigen Januar-Tags mit der Feststellung bei, an der Konjunkturfront sei eine fragmentierte Erholung im Gange; Brasilien und Südostasien hätten sich schon wieder erholt, und die Schweiz habe die Krise ohnehin gut gemeistert – auch sie geniesst den Aufschwung, ganz im Gegensatz etwa zu Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Frankreich, von Irland nicht zu reden. Kalt liess eine Abbildung zum Thema „Kluft zwischen schwachen und starken Ländern, gruppiert nach erwarteter Haushalts- und Leistungsbilanz 2011 in % des BIP“ auf eine Leinwand projizieren. Darauf war die Schweiz, stark und solide, in auserwählter Position rechts oben platziert, und links unten konnte man die Versammlung der Schwächlinge mit Griechenland, Portugal, USA und Grossbritannien ausmachen. „Ich frage mich, warum die USA noch ein Triple-A haben“, fragte sich der Referent. Meine persönliche Antwort wäre ein Hinweis auf die Rating-Manipulationen amerikanischer Provenienz, mit denen die gutgläubige Finanzwelt seit Jahr und Tag am Gängelband herumgeführt wird.
 
Geradezu kalt läuft es einem den Rücken hinunter, wenn man an die zum Teil gigantischen Staatsverschuldungen erinnert wird, insbesondere an jene der USA, die zu einer Belastung für den Dollar wird, dessen laufende wunderbare Vermehrung nicht mehr mit drucktechnischen Massnahmen zu bewältigen ist, sondern das geschieht auf rein virtuelle Weise. Darin liegt ein gefährliches Inflationspotenzial. Im „UBS investor’s guide“ vom 26.11.2010 schrieb Kalt: „Inflationserwartungen zu schüren, den Konsum und damit die US-Wirtschaft insgesamt anzukurbeln, ist das Ziel, das die Fed (US-Notenbank bzw. das Zentralbank-System) mit der politischen Brechstange verfolgt.“ Dabei zeichnen sich in den USA eher deflationäre Tendenzen ab, die Ängste auslösen. Praktisch zum gleichen Zeitpunkt, als die UBS-Strategen das Finanzchaos zu strukturieren suchten, warnte der US-Finanzminister Timothy Geithner die Kongress-Abgeordneten in Washington vor einer Staatspleite. Die Konsequenzen könnten die Folgen der Finanzkrise noch übertreffen, vermutet er. Die Staatsschulden der USA haben Ende Dezember 2010 die Marke von 14 Billionen (in Amerika Trillionen genannt) Dollar überschritten. Womit man solche Grössenordnungen überhaupt noch vergleichen kann, weiss ich nicht. Sie gehen ins Astronomische.
 
Die verarmten USA tun alles, um den Aufschwung herbeizuführen, doch dieser ist laut Daniel Kalt „noch nicht im Arbeitsmarkt angekommen“. Auch die Eurozone muss sich mit Krisenmanagements irgendwie durchwursteln, wobei die deutsche Wirtschaft als erfreulich stark, als Wachstumsmotor Europas, erkannt wurde, weil sie von der Schwäche anderer Länder profitiert. Insgesamt aber werden die wichtigsten Währungen dieser Welt (insbesondere USA, Euro und  Pfund) schwach bleiben, was den betroffenen Ländern in den Kram passt, weil so Auslandschulden weginflationiert werden können.
 
Der Referent betonte, Staatsanleihen seien nicht risikofrei, zumal das Kreditrisiko nicht adäquat eingepreist sei. Zuversichtlicher zeigte sich der Chefökonom in Bezug auf Rohstoffe wie Rohöl und Gold. „Die Edelmetallrally geht weiter“, liest man im erwähnten Guide. Die Erklärung dafür findet sich in den Bedenken über Staatsschulden und Währungskrisen neben geopolitischen Besorgnissen: „Unserer Meinung nach kann Gold im Jahr 2011 über USD 1500 je Unze steigen, während Platin über USD 1725 je Unze klettern dürfte (...). Die rasant steigenden Silber- und Palladiumpreise scheinen bereits eine signifikante Marktknappheit vorwegzunehmen.“
 
Daniel Kalt, gross, schlank und wendig, sprach schnell, mit der Kadenz einer am Limit laufenden Notenpresse vergleichbar. Das Geschehen auf den Tummelplätzen der Finanzen ist komplex, wirr, widersprüchlich, und das Bemühen, zu einer ausgewogenen Beurteilung zu finden, ist, auch angesichts der vielen Unbekannten mit ihren Vernetzungen, ein Akt der Seilakrobatik, zu einer ausgewogenen Beurteilung zu gelangen. Die dennoch eindeutigen Aussagen aus den Sphären der Finanzstrategie holte der Anlagespezialist Christoph Bassenge in gemächlicherem Stil auf den Boden der Anleger-Realität herunter, um einige Opportunitäten, wie man den Schnäppchen im Bankjargon sagt, aufzuzeigen.
 
Wohin mit dem Geld?
Hinsichtlich der Obligationen empfahl er eine breit diversifizierte Auswahl aus Schwellenländern mit kurzen Laufzeiten. Und um die edlen Sphären der Metalle kam auch er nicht herum: Als eine Möglichkeit, Gold physisch zu halten (und wohl auch bei Rückschlägen psychisch durchzuhalten) empfahl Bassenge einen Gold Exchange Traded Fund (ein börsengehandelter Fonds); gegen Währungsverluste könne man sich absichern – er mag an den Dollar- und Eurozerfall gedacht haben. Ich persönlich weiss nicht, ob das Versprechen vieler Gold-ETF, sich das Gold allenfalls physisch aushändigen zu lassen, bei jedem der wohl über 2 Dutzend Fonds funktioniert und ob hier nicht hohe Gebühren für Verwaltung und Lagerung hinzukommen. Der Anleger müsste das also bei jedem Anlagevehikel genau abklären. Einer Anbindung des Schweizer Frankens an den Euro steht Bassenge skeptisch gegenüber, weil das für die Schweiz ausgesprochen teuer würde: Die Nationalbank müsste Euros in beinahe unlimitierter Menge kaufen – noch mehr als sie ohnehin schon hat.
 
Bei den Aktien wurde eine angemessene Berücksichtigung der Schwellenländer empfohlen. Diese machen heute erst rund 15 Prozent des gesamten Aktienkapitals aus. Und in Bezug auf Schweizer Aktien wurde von den Anlagespezialisten empfohlen, vermehrt auf Small- und Mid-Caps (Nebenwerte) zu setzen (also auf Aktien von kleinen und mittleren Unternehmen), die neben den guten unternehmerischen Aussichten auch attraktiver als die im SMI abgebildeten Large Caps, also Aktien der Grossunternehmen, sind, zweifellos ein interessantes Anlagesegment.
 
Fazit: Vorsicht bei Staatsanleihen und den Hauptwährungen, die unter Druck bleiben werden. Rohstoffe sind intakt, und bei den Aktien auf Emerging-Märkte (in aufstrebenden Ländern) und kleine und mittlere Schweizer Unternehmen setzen.
 
Den rund 200 bildungshungrigen Teilnehmern wurde bei vornehmer Zurückhaltung keine Prognose über die Entwicklung der vor sich hin dümpelnden UBS-Aktie geboten. Christian Wiesendanger, Leiter des Wealth Managements Schweiz, beschränkte sich auf die Aussage, man tue alles, um das verlorene Vertrauen durch qualifizierte Dienstleistungen zurückgewinnen, wozu auch das Dienen und das Einhalten aller Serviceversprechen gehöre.
 
Weg zur Erstarkung
Eine adrette Dame mit kurzem, blondem Haar und einer vollen Frauenstimme umrahmte den Anlass: Myriam Burtscher, Leiterin Wealth Management Aargau/Solothurn. Ihr boden- statt nur knielanges, gewickeltes Gewand, eine Augenweide, befand sich nach meiner unmassgeblichen Beurteilung näher bei der Mode artistique glamouröser Französinnen aus der. 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts als beim UBS-Dressguide. Sie freute sich, der Kundschaft zu einem optimierten Portfolio (Investitionenbündel) verholfen zu haben, und lud zu einem stärkenden Buffet.
 
Vielleicht haben die Cevapcici-artigen Würstchen die Notwendigkeit des Durchwurstelns in Zeiten einer schwierigen Finanzlage symbolisiert. Die tropischen Früchte mit viel Ananas und sogar einem Ananaskäse bezeugten die guten Beziehungen der Schweiz mit den noch hinter der berühmten Schwelle wartenden Länder, den sogenannten Ananasrepubliken, und ein frisch zubereiteter, rahmiger Pilzrisotto bezeugte die Verbundenheit mit einem Land am südlichen Rand von Europa, das nicht eben auf der wirtschaftlichen Sonnenseite liegt und dem diese Förderung des Reisexports sicher gut getan hat. Kleine Stückchen von Früchtewähen einheimischer Herkunft waren ein Gruss an die Small Caps, die Anleger behüten sollen. Unter anderen Getränken war da auch ein Tessiner Merlot, abgeleitet von Merlo = Amsel, die immer wieder neue Lautkombinationen hervorbringt, genau wie es eine kreative Bank mit ihren Fonds tut.
 
Man fühlte sich in guten Händen, trat zuversichtlich in die regnerische Winternacht hinaus und versuchte, nicht auszugleiten, wie immer.
 
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