Textatelier
BLOG vom: 08.06.2012

Hauptsache überbehütet, bevormundet. Kosten sind egal

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Die jetzige deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen war bis Ende 2009 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (schliesslich versteht sie etwas davon, als Mutter von 7 Kindern). Sie ist für die Einführung des Elterngelds statt des Erziehungsgelds und für den Ausbau von Krippenplätzen verantwortlich. Am 12.09.2011 titelte die TAZ: „Ministerin für Arbeit und alles“. Die Zeitung schrieb in der Überschrift: „Ob Mindestlohn oder Vereinigte Staaten von Europa: Ursula von der Leyen verblüfft ihre Partei ständig mit neuen Ideen. Und bringt sich als Merkels Nachfolgerin in Stellung.“
 
Ab August 2013 hat jede Familie in Deutschland mit einem Kind zwischen 1 und 3 Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf einen Krippenplatz. Ob die Kommunen es bis dahin schaffen werden, diese einzurichten und mit qualifiziertem Personal zu besetzen, scheint fraglich zu sein.
 
Wenn die Eltern eines Einjährigen das Kind nicht in einer Krippe unterbringen, sollen sie 100 Euro im Monat Betreuungsgeld („Herdprämie“ genannt) erhalten, ab 2014 auch für Zweijährige und dann noch mehr Geld. Und zwar egal, wie hoch das eigene Einkommen auch ist! Die Opposition ist dagegen; denn es fehle bereits Geld für den Ausbau der Krippenplätze. Die „Herdprämie“ sollte man doch eher dafür verwenden, argumentiert die SPD. Hartz-4-Empfänger sollen übrigens kein zusätzliches Geld bekommen.
 
Man bekommt den Eindruck, dass Frau von der Leyen kräftig weiterhin auch im Ressort der jetzigen Familienministerin Kristina Schröder mitmischt. Geplant sei, so schreiben es die Medien, dass Hartz-4-Empfänger in Kita-Betreuer umfunktioniert werden. Die sollen dann „nicht mehr Schnee schippen“, sondern im Schnelldurchgang zu Erzieherinnen und Erziehern ausgebildet werden.
 
Fazit: Da wurde ein Gesetz durchgesetzt, das an der realen Situation ziemlich vorbei geht und nur Geld kosten wird: Da mit dem Gesetz ein Rechtsanspruch besteht, werden Eltern klagen, weil nicht genügend Krippenplätze zur Verfügung gestellt werden können, vor allem, weil das Fachpersonal fehlt.
 
Eltern sollen also für die Kindererziehung Geld bekommen, weil sie keinen Krippenplatz in Anspruch nehmen. Dass Mütter für ihre Erziehungsleistung im Alter eine Rente bekommen sollen, finde ich gerechtfertigt, aber wenn sich ein Paar entscheidet, ein oder mehrere Kinder zu haben, wissen die Eltern auch, dass die Mutter oder der Vater zumindest zeitweise auf ihre oder seine berufliche Tätigkeit verzichten muss, und für diese Zeit gibt es schon das Elterngeld. Danach dann Betreuungsgeld? Ob das wirklich den Kindern zugutekommt, ist auch nicht immer gesichert.
 
Wo das Geld für den Ausbau der Krippenplätze beispielsweise herkommen soll: Kommunen und Träger sollen zinsgünstige Kredite bekommen, also durch Schuldenmachen. – Und das alles trotz der Finanzkrise in Europa. Also ob unsere deutschen Politiker das gar nicht interessiert!
 
Augen zu und sehen, dass man bei der nächsten Wahl wieder genügend Stimmen bekommt! 
 
Frau von der Leyen, jetzt als Ministerin für Arbeit und Soziales, „macht sich Sorgen“ um die Bürgerinnen und Bürger! Um Eltern und Kinder, wie wir oben sehen, aber auch um die Renten der Firmengründer und Kleinstunternehmer.
 
Die unter 30-Jährigen sollen in eine Pflichtversicherung abschliessen; wenn sie mehr als 400 Euro verdienen, sollen sie 400 Euro bezahlen, unabhängig von ihrem Einkommen. So war jedenfalls die erste Überlegung; nach erheblichen Protesten wurde in den letzten Tagen auf den Pauschalbetrag verzichtet. Dass sich viele Existenzgründer eine Pflichteinzahlung, und diese steht im Gesetzesentwurf, für eine Altersrente nicht leisten können, dürfte klar sein, also werden sie dann auf die Selbstständigkeit verzichten und Hartz-4 beziehen. Ergebnis: Ideen für neue Geschäftsmodelle und Eigeninitiative werden im Kern erstickt.
 
Ob das europäische Parlament oder die Bundes- und Länderparlamente: Ich werde den Eindruck nicht los, dass unsere vielgerühmte Freiheit immer mehr in eine Überbehütung und Bevormundung mündet. Wir werden immer mehr an die Leine genommen. Möglichst kein Risiko eingehen, heisst die Devise. Die Regelungswut nimmt kein Ende, egal was es kostet. Und dann darf der Steuerzahler seine Bevormundung auch noch selbst bezahlen, ob er will oder nicht.
 
Am 13.04.2012 habe ich in Indien ein Blog mit dem Titel: „Köstlichkeiten am Wege zu meiner Wohnung in Bangalore“ veröffentlicht. Alle diese Anbieter von Getränken, Früchten, usw. sind Kleinstunternehmer! Und jetzt schliessen Sie einmal die Augen und wünschen sich das auch in Ihrem Wohnort. Sie meinen, Sie träumen, und sind vielleicht der Auffassung, die Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat, kämen nicht wieder und fügen hinzu: „Auch wenn sich Leute finden würden, unsere Gesetze und Vorschriften sind auf jeden Fall dagegen.“ Leider haben Sie Recht!
 
Und: in meinem Wohnviertel gibt es eine Reihe von kinderreichen Familien, deren Mitglieder seit mehreren Generationen noch nie länger als wenige Wochen ununterbrochen gearbeitet haben, wenn überhaupt. Die Kinder lernen von ihren Eltern, dass es auch ohne den Abschluss einer Ausbildung oder ohne geregelte Arbeit geht. Unser Sozialsystem fängt sie auf, bei grösseren Wünschen wird ein wenig Schwarzarbeit gemacht, und Erziehungsgeld gibt es ja auch noch. Und dass „die Herdprämie“ nicht für Hartz-4-Bezieher gelten soll, ist doch ungerecht, oder? Aber da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen! Immerhin: Man könnte sogar Kita-Betreuerin oder Betreuer werden!
 
Hinweis auf ein weiteres Blog zum Thema Krippenplätze
 
Internet-Hinweise
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/plaene-von-arbeitsministerin-ursula-von-der-leyen-selbstaendige-muessen-kuenftig-fuer-die-rente-vorsorgen-1.1314255
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