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BLOG vom: 14.11.2012

Trickbetrüger: Falsche Goldringe und betrogene Anleger

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Trickbetrüger, die heute immer mehr ihr Unwesen treiben, suchen sich oft ältere Menschen aus, weil diese überfordert und vertrauensselig sind oder nicht gleich Tricks durchschauen. Obwohl fast jeden Tag ein Trickbetrug in der Zeitung steht, gibt es immer wieder Opfer, die hereinfallen. Und was sagte der Chef zu seinen Vertretern, bevor sie auf Kundenfang geschickt wurden? „Jeden Tag steht ein Dummer auf, und den müsst ihr finden.“
 
Wer sich informieren und schützen will, kann Verhaltensmassregeln im Internet nachlesen, sich bei der Polizei erkundigen oder die Broschüre „Rate mal, wer dran ist?“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (www.bmfsfj.de) anfordern oder diese als PDF-Datei herunterladen.
 
Sehr gute Tipps gegen Trickdiebe und Trickbetrüger sind unter www.pfiffige-senioren.de nachzulesen.
 
In diesem Blog konzentriere ich mich auf dreiste Tricks, die im Landkreis Lörrach D und in Basel publik wurden.
 
Der Enkeltrick
Trickbetrüger setzen auf den Überraschungseffekt. So wurde vor einiger Zeit in Basel eine betagte Frau angerufen. Der Betrüger sagte: „Rate mal, wer dran ist?“ Dann erfuhr der Betrüger den Namen eines Enkels. Er gab sich dann als diesen Enkel zu erkennen und schilderte eine Notsituation. Er habe einen Unfall gehabt und bräuchte dringend Geld. Da er wegen einer Verletzung behandelt werde, schickt er eine Freundin zur Betagten, um das Geld abzuholen. Die Freundin holte dann einen ansehnlichen Geldbetrag in der Wohnung der Frau ab. In einem anderen Fall ging sogar die Seniorin zur Bank und besorgte sich Geld.
 
Was tun? In so einem Fall hätte die Seniorin sagen sollen, sie werde erst mit einer Nachbarin oder einer Vertrauensperson sprechen. Oder man vereinbart einen Termin, bei der eine Vertrauensperson anwesend ist oder man ruft die Familie des Enkels an. Eine solche Vorgehensweise schreckt die Betrüger ab.
 
Betrüger klingeln auch an der Wohnungstür. Man sollte nicht aufmachen, etwas kaufen oder nichts unterschreiben. Keinesfalls sollte man einen Fremden in die Wohnung lassen. Das Fatale ist, dass Betrüger oft freundlich, höflich oder gut gekleidet sind. Es gibt aber auch rabiate Gauner, die schon mal den Fuss in die geöffnete Tür stellen.
 
Es gab ja schon Fälle, da wurden Fremde in die Wohnung gelassen mit dem Trick, man müsse auf eine Toilette gehen. Die Wohnungsinhaberin wurde abgelenkt und eine Komplizin oder ein Komplize entwendete Wertgegenstände oder einen Geldbetrag. Die Gauner wissen genau, wo ältere Leute das Geld verstecken.
 
Helft doch den armen Kindern
In Schopfheim D kam mir einmal ein jüngerer Bursche, der aus einem Ostblockstaat war und kein Wort verstand. Er hatte einen Zettel in der Hand mit der Aufschrift: „Helfen Sie den armen Kindern in einem Waisenhaus mit einer kleinen Spende.“ Ich gab ihm 20 Cent, die ich zufällig in einer Jackentasche hatte. In einem anderen Fall sollte eine notleidende Familie unterstützt werden.
 
Wie ich später erfuhr, war der Bursche zusammen mit anderen Betrügern unterwegs, um Geld zu sammeln. Oft sind es ganze Banden, die hier ihr Unwesen treiben. Sogar Kinder oder Jugendliche werden auf die Strasse zum Betteln geschickt. Das eingesammelte Geld müssen sie dann abliefern.
 
Auch wurde ich schon angehalten, Geld zu wechseln. Da liess ich meine Geldbörse brav in der Hosentasche und erklärte, ich hätte kein Kleingeld.
 
Frau um Bargeld erleichtert
In Schopfheim ereignete sich am 05.11.2012 der folgende dreiste Trickbetrug. Eine ältere Frau wurde gegen 12 Uhr im Stadtgebiet von einem Mann angesprochen und wollte eine 2-Euro-Münze gewechselt haben. Die Frau zückte ihre Geldbörse, und der Mann fingerte eine 10-Cent-Münze heraus. Die Frau bemerkte zunächst nicht, dass er mit der Münze auch mehrere Geldscheine von etwa 1500 Euro an sich genommen hatte. Die Betrogene bemerkte den Betrug schon bald, aber der Dieb war schon längst über alle Berge. Die Geschädigte meldete den Vorfall der Polizei, sie konnte nur vage eine Personenbeschreibung abgeben.
 
Oft agieren die Betrüger anschliessend in anderen Ortschaften, um nicht erkannt zu werden. In den meisten Fällen werden solche Betrugsfälle nicht aufgeklärt.
 
Ende Oktober 2012 wurden in Lörrach 2 Senioren Opfer eines gewieften Trickbetrügers. Im ersten Fall wurde eine 77-jährige Frau von einem Mann angesprochen. Er wollte Kleingeld gewechselt haben. Die Frau öffnete ihre Geldbörse, dann fingerte der Dieb herum, um nach Kleingeld zu suchen. Erst später bemerkte die Frau beim Einkauf, dass ihr der Dieb etwa 400 Euro aus dem Geldbeutel gestohlen hatte.
 
Im 2. Fall war dieser Trickdieb am selben Tag erfolgreich. Er beraubte einen 83-Jährigen. Ihm fehlten 100 Euro.
 
Der Trick mit Goldschmuck
Am 09.10.2012 versuchte eine Frau auf dem Parkplatz eines Discounters in der Weiler Strasse in Lörrach, einen angeblich hochwertigen Ring zu verkaufen. Die Kunden rochen jedoch den Braten, verständigten den Marktleiter, der dann die Polizei rief. Die 34-Jährige wurde festgenommen. Der Ring entpuppte sich als ein wertloser Blechschmuck.
 
In einem anderen Fall fragte eine Unbekannte in einem Auto (sie kurbelte die Scheibe herunter) nach einer Strasse. Die Frau beugte sich herunter und gab Auskunft. Die Fahrerin bedankte sich höflich und rauschte mit ihrem PKW davon. Die Auskunftswillige bemerkte bald darauf, dass ihr eine Goldkette entwendet wurde.
 
Auch mit Gold-Zertifikaten können dubiose Anbieter viel Geld verdienen. Hier ein Beispiel: Zahlreiche Polen wurden von der Danziger Firma Amber Gold hereingelegt. Bis zu 16 Prozent Gewinn pro Jahr wurde versprochen. Seit Mitte August 2012 ist die Firma insolvent. Der 28-jährige Firmengründer soll ein Pyramidensystem betrieben haben, ähnlich wie US-Investor Bernard Madoff praktizierte. Das neue Geld wurde, wie www.graumarktinfo.de berichtete, für alte Forderungen verwendet. Die Taschen des Gründers wurden gefüllt. Es sollen 3000 Geprellte existieren. Der Schaden wird auf 200 Millionen Zloty (48 Millionen Euro) geschätzt. Nun sitzt der Gründer in Untersuchungshaft.
 
Vorsicht am Geldautomaten
Es ist doch so bequem, am Bankautomaten Geld abzuheben. Man benötigt nur eine Bankcard, und bald hat man Scheine in der Hand. Aber Vorsicht! Auch da gibt es Betrüger. Vor einiger Zeit wurde eine Seniorin geprellt. Während sie ihre Bankcard einschob und die Geheimnummer eintippe, wurde sie von einem Betrüger beobachtet. Während sie auf das Geld wartete, wurde sie von einer hinter ihr stehenden Komplizin abgelenkt und schon hatte der Dieb die Karte nochmals hineingeschoben, die ausgekundschaftete Geheimnummer eingetippt und einen stattlichen Betrag abgehoben.
 
Die Diebe gehen aber auch noch anders vor. Sie beobachten Leute beim Geldabheben, gehen diesen nach und rauben entweder das Geld oder gehen so vor, wie oben beschrieben.
 
Vorsicht auch bei Anfragen im Internet. Ich erhielt schon etliche Spams. Da wurde nach einer Kontonummer oder einer Geheimzahl gefragt. Dies ist besonders der Fall bei Spendenüberweisungen. Betrüger verfassen auch Schreiben mit den Logos von Banken usw. Da sind manche der Ansicht, hier läge ein offizielles Schreiben der Bank vor.
 
Aus Nigeria erhielt ich einmal eine E-Mail mit dem Hinweis, dass eine Erbschaft in Millionenhöhe vorläge und man suche eine seriöse Kontonummer, in der der Betrag deponiert werden könne. Der Vermittler bekomme dann natürlich nach Zahlung einer Bearbeitungsgebühr später eine Provision. Die Bearbeitungsgebühr ist dann futsch und keine Millionen flattern auf das Konto. Dabei ist die grosse Gefahr, dass der Betrüger die Bankdaten benützt, um Geld an sich oder seine Komplizen zu transferieren.
 
Vorsichtig muss man auch sein, wenn einem per E-Mail ein Sofortkredit angeboten wird. Da kann man ganz gehörig hereinfallen. Ich öffne solche Spams auf keinen Fall. Wenn ich einen Kredit benötigen sollte, werde ich eine seriöse Bank aufsuchen.
 
Urgrossmutter wehrte sich
In Bruchsal D wollte ein Räuber die Handtasche einer 91-Jährigen rauben. Die Tasche lag auf der Ablage eines Rollators. Der Gauner hatte nicht mit der Courage der alten Dame gerechnet. Sie hielt nämlich die Handtasche mit aller Kraft fest und schrie den Täter an. Der war so perplex, dass er flüchtete.
 
Entführt und ausgeraubt
Die Täter gehen aber auch brutal vor. Ein 33-jähriger Basler wurde laut sda am 09.10.2012 ins Elsass entführt, misshandelt und ausgeraubt. Ein Unbekannter sprach ihn in Basel an und wollte wissen, wie er nach Frankreich komme. Dann machte der Angesprochene den Fehler seines Lebens. Er stieg in den Wagen ein, nachdem er vom Fahrer gebeten wurde, mitzufahren, um ihm den Weg nach Frankreich zu zeigen. Im Auto sassen noch 2 andere Gauner auf dem Rücksitz. Kaum sass der Zugestiegene im Auto, wurde er von hinten niedergeschlagen. Er war bewusstlos. Auf einem Feldweg im Elsass kam er wieder zu sich. Ein Sanitäter brachte den Verletzten dann in ein Spital. Die Räuber waren Nordafrikaner.
 
Tipp: Niemals in ein Auto steigen, dessen Fahrer einem unbekannt ist. Verdächtig wird es ganz besonders, wenn noch weitere Mitfahrer auf der Rückbank sitzen. Immer den Weg gut beschreiben oder eine kleine Skizze anfertigen.
 
Vorsicht beim Autokauf
Im Internet fand ein Mann ein günstiges Angebot für einen Gebrauchtwagen. Er besorgte sich Geld und fuhr zur angegebenen Adresse. Er fand jedoch den Verkäufer unter der angegebenen Adresse nicht. Dann wurde er – es war schon dunkel, der Treffpunkt befand sich in einer ruhigen Gegend vor einem Mehrfamilienhaus – von 5 Männern überfallen und ausgeraubt. Dieser Fall wurde Ende Oktober 2012 in einer Fernsehsendung des MDR bekannt.
 
Tipp: Man sollte sich beim Autokauf nur mit seriösen Händlern in Verbindung setzen. Bei Privatpersonen müssen Erkundigungen eingezogen werden. Und man sollte auch kein Geld mitnehmen und zunächst nur das Objekt in Augenschein nehmen. In den meisten Fällen kaufte ich das Auto bei einem Händler und gab meinen Altwagen in Zahlung. Nur einmal habe ich einen PKW privat verkauft, ich nahm jedoch einen Zeugen mit.
 
Betrogene Anleger
Kaum zu glauben, wie blauäugig Anleger sein können. Da wird ihnen das Blaue vom Himmel versprochen, sie sind fasziniert von den Renditen und legen ihr Geld bereitwillig an. In Nürnberg hat laut dpa Anfang November 2012 ein Prozess begonnen. Ein Nürnberger Unternehmer bot Blockheizkraftwerke in Containern an. Die Mini-Kraftwerke sollten mit Pflanzenöl betrieben werden. Der Betrüger versprach 20 Jahre lang eine 30-prozentige Jahresrendite. Das wären 1000 Euro pro Monat bei einem Investment von 40 000 Euro. Juchu, dachten viele, da komme ich bequem zu viel Geld. Der Geschäftsbetrieb funktionierte nach dem Schneeballsystem. Das Geld der neuen Kunden floss an die bereits bestehenden Kunden. Insgesamt warfen 1547 Anleger dem Betrüger 62 161 528,49 Euro hinter her. Der Prozess dauert noch an.
 
Wie wir gesehen haben, gibt es überall Tricks und Betrügereien. Nur wer gut informiert ist, wie die Trickdiebe arbeiten, der ist gegen Betrug gewappnet. Aber es gibt auch hier Ausnahmen. So wurden manchen Teilnehmer von Kaffeefahrten hereingelegt, obwohl sie sich vornahmen, nichts zu kaufen (siehe Blog vom 27.05.2006: „Nepper, Schlepper, Bauernfänger und teure Kaffeefahrten“).
 
Anhang
Zitate über Diebe
„Die heimlichen Diebe sind auf den Galeeren, die öffentlichen in den Palästen.“
(Aus Frankreich)
 
„Die kleinen Diebe, die müssen hangen. Die grossen mit güldenen Ketten prangen.“
(Georg Rollenhagen, „Froschmäuseler 2,2“)
 
„Die Räuber von Geld werden hingerichtet, die Räuber von Ländern zu Königen gemacht.“
(Aus Japan)
 
„Kleine Diebe hängt man; die grossen werden geehrt.“
(Aus Russland)
 
„Dem Weibern und dem Spiel zuliebe wurde mancher Mann zum Diebe.“
(Freidank, Bescheidenheit)
 
„Diebe ruhen nie, Wächter ab und zu.“
(Aus Japan)
 
„Ein Dieb, den das Stehlen reich gemacht hat, gilt als Gentleman.“
(Aus Grossbritannien)
 
Internet
www.graumarktinfo.de („Gold-Zertifikate: Possenspiel um Amber Gold“)
 
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