Textatelier
BLOG vom: 07.09.2013

Aufblühen von Kriegslügen: Eine kriminelle, liederliche Politik

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Töten und Ehebrechen stehen in den biblischen 10 Geboten auf der gleichen Ebene wie das 9. Gebot: „Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten“. Das Gebot bedeutet also, dass man nicht lügen soll, besonders wenn die Lüge anderen Menschen schadet. Ich weiss nicht, ob es mit dem Zerfall des Glaubens zusammenhängt – die Religionen sind insbesondere im christlichen Bereich in einem offensichtlichen Zerfall begriffen –, oder ob die Kultur des Lügens und Verdrehens in diesem neoliberalen Zeitalter (Gewinne und Erfolg zu jedem Preis) zuerst einmal über die Werbung zu uns gekommen ist und sich wuchernd ausbreitete. Wer lügt, der verkaufe besser, heisst es.
 
Das System hat auch auf die Politik übergegriffen, wo es, etwa im Hinblick auf die nächsten Wahlen oder zur Durchsetzung eigener oder parteilicher Interessen gilt, sich und seine Ideen möglichst gut zu verkaufen oder unters Volk zu bringen. Zur Verfeinerung der währschaften Lügen dient ein immer dreisteres Netz von Verdrehungen, Manipulationen und Verschweigen. Die Sprache wird zurechtgebogen (Euphemismen), das heisst, die Wörter müssen ebenso beschönigen wie die Spin Doctors, Berater der Öffentlichkeitsarbeit, die den Geschehnissen, inkl. Pleiten und Pannen, den zweckmässigen Dreh zu vermitteln haben. Eine andere bewährte Methode ist die bewährte, hohe Kunst des Totschweigens, welche die nicht virtuellen Medien mit Platzmangel zu rechtfertigen pflegen. Wo die Wahrheit und damit das Vertrauen keinen Platz mehr finden, ist das Fundament schwach.
 
Im Alltag kommt wahrscheinlich niemand ohne Notlügen aus. Man sagt, es gehe einem gut, weil man nicht will, dass der fremde Nachfragende alles über meine eigenen Befindlichkeiten und Nöte erfährt. Man lobt ein Essen, weil sich jemand Mühe bei der Zubereitung gegeben hat, ohne ein befriedigendes Resultat zu erzielen. Fotos werden retouchiert, verschönert, und das eigene Äussere wird trickreich verändert, damit der Schein das Sein verbessert. Das ist nicht weiter schlimm, wenn es aus schutzwürdigen persönlichen Interessen, Liebe, Höflichkeit, Mitleid usf. dient, um das Zusammenleben angenehmer zu gestalten.
 
Zu einem Akt der Kriminalität werden Lügen aber, wenn sie, wie es die Herren der USA bzw. der Welt immer wieder tun, zur Vorbereitung eines Aggressionskriegs herangezogen werden – es sind die sogenannten Kriegslügen. Zuerst wird mit verlogenen, falschen, unbewiesenen Informationen, welche die eingebetteten, kritiklos agierenden Medien zu verbreiten haben, eine aufgeheizte Stimmung erzeugt, die ein militärisches Eingreifen zu rechtfertigen hat, ja geradezu erzwingt. Die USA gehen seit einigen Jahren Angeboten für Friedensverhandlungen, diesem wesentlichen Werkzeug einer zivilisierten Politik, konsequent aus dem Weg. So hat der damalige US-Aussenminister Colin Powell am 05.02.2003 dem UNO-Sicherheitsrat und der Weltöffentlichkeit die mit kindischen Illustrationen untermauerte Lüge aufgetischt, Iraks Diktator Saddam Hussein sei im Besitz von Massenvernichtungswaffen. Jene beschämende Rede mit den erfundenen Feststellungen aus der untersten Kriegspropaganda-Schublade war der Auftakt zum wenig später beginnenden Irakkrieg, der ein unendliches Leiden verursachte und nicht wieder herzustellende Zerstörungen herbeiführte, auch Plünderungen.
 
Schon der Vietnamkrieg war von den USA mit hanebüchenen Lügen eingeleitet worden. Ein Objekt der Lüge war der US-Zerstörer „Maddox“, der am 04.08.1964 östlich der nordvietnamesischen Hafenstadt Haiphong in den Golf von Tonkin einbrach. Den Befehl dazu hatte der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson erteilt. Angeblich sei dieser Zerstörer, der offenbar (wie alle Zerstörer) nur Gutes im Sinne hatte, von Torpedos angegriffen worden, und damit wurde der Krieg, der vor allem ein Chemiekrieg war, in Vietnam losgetreten. Man wollte dort den Kommunismus stoppen ... Die USA verfingen sind in einer unbeschreiblichen Katastrophe; die Welt ertrug das Elend, das dort angerichtet wurde, mit der Zeit nicht mehr. Die Verluste waren auch auf amerikanischer Seite gross (in den Dschungeln und Reisfeldern des armen südostasiatischen Lands kamen rund 58 000 US-Soldaten um), was allerdings in keinem Verhältnis zum Elend der einheimischen Zivilbevölkerung stand. Der Krieg löste eine globale Inflation aus, und Lyndon B. Johnson war als Verlierer ein gebrochener Mann.
 
Nach dem gleichen System funktioniert die US-amerikanische Kriegsmaschinerie noch heute. Der US-Präsident und merkwürdige Friedensnobelpreisträger Barack Obama wirbt weltweit für ein Bombardement von Syrien, als ob das Land durch ein Begraben unter Bombenteppichen gerettet werden könnte. Als Kriegslüge dienen diesmal die Chemiewaffen, die angeblich vom syrischen Machthaber Anwar as-Sadat eingesetzt worden sein sollen. Obama hält es nicht für nötig, die Antwort auf die Frage, ob die Chemiewaffen vonseiten des Regimes oder des kaum überschaubaren Rebellen-Konglomerats losgetreten wurden, falls das überhaupt geschah. Das ist eine liederliche Politik, die man unter die Sparte Lügereien einordnen muss. Obama hortet in den USA nach wie vor ein enormes Chemiewaffenarsenal und verstösst damit gegen die Chemiewaffenkonvention, welch diese wohl perfideste und grausamsten aller Tötungselemente ächtet. Die Frage sei erlaubt: Wofür denn brauchen die USA diese mörderischen Chemiewaffen überhaupt? Was haben sie damit im Sinne? Es muss doch einen Grund dafür geben, wenn sie bis heute nicht vollständig vernichtet wurden. Die Medien fragen nicht darnach, klammern diese Schande aus. In den Händen der USA sind Chemiewaffen besonders gefährlich, weil die Nation erfahrungsgemäss nicht davor zurückschreckt, Massenvernichtungswaffen einzusetzen (Atombomben-Abwürfe in Hiroshima und Nagasaki, Japan).
 
Die bisherigen Kriegslügen haben dem Ansehen der mächtigsten Kriegsnation der Welt bisher verhältnismässig wenig geschadet. Doch in Bezug auf die syrischen Chemiewaffen zeigt sich erstmals eine Skepsis der angestammten US-amerikanischen Kriegslüsternheit gegenüber. In Grossbritannien wurde der US-Handlanger David Cameron parlamentarisch zurückgebunden. Deutschland hält sich in dieser Vorwahlphase heraus; Aussenminister Guido Westerwelle hat vorgeschlagen, wegen des Giftgaseinsatzes den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag einzuschalten. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte am G20-Gipfel in St. Petersburg, ein mit Gewalt erzwungener Regimewechsel im Bürgerkriegsland Syrien sei illegal. Der russische Vizeverteidigungsminister Anatoli Antonow fügte bei, Kampfhandlungen gegen einen unabhängigen Staat ohne Zustimmung des UNO-Sicherheitsrats seien eine Aggression. Die EU mahnte erneut eine diplomatische Lösung an, und der UNO-Sondergesandte Lakhdar Brahimi will weiter für eine internationale Friedenskonferenz werben. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon will eine diplomatische Lösung erzwingen. China zeigt ebenfalls keinerlei Kriegslust, schloss sich der unnachgiebigen Haltung von Russland an. Und auch Papst Franziskus hat sich gegen eine militärische Aktion geäussert. Die USA wollen die UNO einmal mehr kaltstellen: Das UNO-System habe im Falle von Syrien versagt, sagte die US-Botschafterin Samantha Power. Doch versagt der US-Wille zur Zusammenarbeit mit der UNO. Obama, von Kriegs- und Vergeltungslust getrieben, trommelt unverdrossen für einen „begrenzten Schlag“ in Syrien, der selbstverständlich ausufern und die Dimension eines Flächenbrands annehmen wird. Beim G20-Abendessen sollen sich die Fronten noch verhärtet haben. Eine Eskalation ist schon aus der Vorbereitungsrhetorik herauszuhören: Aus dem angekündigten 2-Tage-Bombardement wurden 30 Tage, und nachdem Bodentruppen-Einsätze zuerst ausgeschlossen wurden, werden sie nun in Betracht gezogen. Zudem hat Obama gefordert, die Anzahl der Ziele in Syrien zu erweitern; das französische Militär hatte eine Liste von 50 syrischen Objekten ausgearbeitet. Ob Obama in seiner Kriegsbesessenheit seinen Kongress auf Krieg einstimmen kann, wird sich in den nächsten Tagen erweisen.
 
Seit über 2 Jahren leiden die Syrer unter dem Krieg, der von ausländischen Mächten inkl. USA/Israel tatkräftig gefördert wurde. Israel mochte gar nicht zuwarten und hat im laufenden Jahr 2013 bereits mehrere Male syrische Militärziele bombardiert. Bereits 2007 hatte die Atommacht Israel Bomben auf eine im Bau befindliche Nuklearanlage in Syrien abgeworfen, ein freundnachbarlicher Gruss. Gegenschläge vonseiten des Regimes in Damaskus blieben aus.
 
Bisher wurden bei Kriegsgeschehen in Syrien rund 100 000 Menschen getötet, und 6 bis 7 Millionen Personen sind auf der Flucht – von einem Elend ins andere getrieben. Das genügt den USA nicht. Sie wollen das Zerstörungswerk, unter dem gerade Zivilisten unglaublich stark leiden, vorerst mit Luftschlägen weitertreiben. Das spottet jeder Vernunft, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das sich in dieser Welt des schreienden Unrechts nur auserwählte Nationen, die eine besondere Nähe zu Gott haben, ungestraft leisten können.
 
Obschon die richterliche und strafbehördliche Gewalt der hoch verschuldeten USA eine reine Anmassung der Nation ist, die sich zu hochgerüsteten Weltpolizei berufen fühlt, müsste doch auch hier das juristische Prinzip der Unschuldsvermutung gelten, bis ein Straftatbestand hieb- und stichfest nachgewiesen ist. In den USA aber wird die Schuldsvermutung zur Tatsache hochstilisiert – aus werbetechnischen Gründen, um die eigenen Kriegsziele zu erreichen, bei denen auch die syrischen Erdgasvorkommen und -durchleitungen (Energiedrehscheibe) eine Rolle spielen. Die US-Bombenlager brauchen eine Auffrischung, und nirgends kann man die Kriegskunst so vollendet lernen wie am lebenden Objekt, das man in den Tod schickt.
 
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