Textatelier
BLOG vom: 11.03.2018

Alarm, die Sirene und die Nachbarn

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Deutschland

 

In der letzten Woche wurden meine Frau und ich in einer Nacht durch ein ohrenbetäubendes Geräusch um etwa 4 Uhr aus dem Schlaf gerissen. Eine Sirene brummte laut und unablässig irgendwo im Haus.

Der erste Gedanke galt den Feuermeldern, die jetzt in jeder Wohnung und natürlich auch im Treppenhaus installiert sein müssen. - Aber die waren es nicht.

Wir wohnen im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses mit 8 Stockwerken und 36 Wohnungen.

Also zogen wir uns etwas über die Schlafbekleidung und traten vor die Tür, obwohl es in dieser Woche starken Frost gegeben hatte.

Das Geräusch war laut und durchdringend. Das Nachbarehepaar aus der Wohnung neben uns, die Witwe von gegenüber und der Nachbar, der eine Etage über uns wohnt, wir alle rätselten, wo das Sirenengeräusch herkam.

Es liess sich durch einen Schalter im allgemeinen Sicherungskasten abschalten, allerdings waren dadurch aber auch im ganzen Haus die Türklingeln und die Flurbeleuchtung ausser Betrieb, von der Wohnung aus war die Haustüre nicht mehr zu öffnen.

Der Aufzug, und, wenn man durch die Schiebetür am Hauseingang ins Freie wollte, funktionierten, da sie separat geschaltet sind.

Aber beim Abschalten konnten wir es nicht belassen. Irgendetwas stimmte nicht im Haus.

Ich ging auf die Suche und fand das Signalhorn im Keller vor der abgeschlossenen, stählernen Türe, hinter der die Heizung und die Fernmeldeeinrichtung platziert sind.

Das Signalhorn zeigte also einen Gasautritt an, denn die Heizung wird mit Gas betrieben. Es war aber kein Gas riechbar.

Obwohl das Signalhorn ziemlich laut war, wurden nur wenige Mitbewohner aufgeschreckt. Die meisten schliefen einfach weiter, vielleicht mit Schlaftabletten, vielleicht in einer Tiefschlafphase.

Ein Nachbar, der sich als ehemaliger Elektroingenieur mit der Elektrik im Haus auskennt, wohnt im 8. Stock, ganz oben im Haus. Er hatte auch einen Schlüssel zum Heizungskeller.

Ich fuhr nach oben. Das Signalhorn war abgeschaltet, die Klingel funktionierte also nicht. Ich klopfte gegen die Wohnungstür, aber nichts rührte sich. Das dort wohnende Paar war nicht wach zu bekommen. Der Nachbar hatte einen tiefen Schlaf, wie andere auch. Unverrichteter Dinge fuhr ich wieder nach unten.

Der Nachbar von der Wohnung über uns rief die Feuerwehr an. Sie rückten mit schwerem Gerät nach kurzer Zeit mit mehreren Leuten an. Sie hatten Gasmasken dabei und ein Gasaufspürgerät. Sie wollten uns nach draussen schickten, gingen dann aber in den Keller und massen dort, ob Gas austreten würde. Das war nicht der Fall. Sie wollten aber die Ursache herausfinden, warum der Alarm losgegangen war.

Ich fuhr also noch einmal nach oben und hämmerte so lange und so laut an die Wohnungstür, bis die Nachbarin endlich verschreckt und verstört öffnete. Der fachkundige Nachbar kam nach wenigen Minuten mit dem Schlüssel und ein wenig Werkzeug nach unten.

Zielstrebig ging er auf den Kasten zu, der die Sirenensteuerung barg. Er öffnete den Kasten, in dem eine komplizierte Schaltung zu sehen war, entfernte ein Kabel und die Sirene verstummte.

Es war also offensichtlich ein Fehlalarm, dem Fachmann war schon einige Tage vorher aufgefallen, dass das Kontrolllicht nicht geleuchtet hatte, aber es war noch kein Elektriker im Haus gewesen.

Gleichzeitig mit dem Feuerwehranruf hatte auch der Gasversorger einen Aufruf erhalten, nach etwa einer Viertel Stunde rückten auch die Mitarbeiter von ihm, sie kamen aus der Nachbarstadt, an und erkundigten sich nach dem Stand der Dinge. Auf jeden Fall sollte der Hausverwalter baldigst informiert werden.

Wer von den Nachbarn noch wollte, ging wieder ins Bett, andere blieben wach und bereiteten sich auf den kommenden Tag vor.
Ich denke, es wäre ganz sinnvoll, sich einmal auszumalen, was passiert wäre, wenn wirklich Gas ausgetreten wäre, oder es hätte ein Brand im Heizungskeller gegeben.

Das Sirenengeräusch war den Hausbewohnern unbekannt, in den 40 langen Jahren, in dem das Haus bereits bewohnt war, konnte sich niemand daran erinnern, auch die älteren Mitbewohner nicht.

Was nützt eine Sirene, wenn niemand weiss, was sie bedeutet und wenn nur einige wenige Mitbewohner davon aufwachen?

Wenn wirklich Gas ausgetreten wäre, wäre es zu einer Katastrophe gekommen. Alle Mitbewohner hätten schnellstens das Haus verlassen müssen. Doch wie ist so etwas in einem so grossen Haus zu bewerkstelligen, zumal ein Grossteil der Mitbewohner von dem Signalton noch nicht einmal aufgeschreckt worden war?

Zumal hätte es auch ein nicht riechbares Gas sein können, das etwa über die Heizungsanlage hätte ausströmen können. Die Auswirkungen wären verheerend gewesen!

Auch ein einfacher Feueralarm kann sehr gefährlich werden. Die Löschgeräte, die im Haus platziert sind, kommen von der Firma Minimax. Es ist eine Firma mit Tradition.

Der Werbespruch der Firma lautete:

Feuer breitet sich nicht aus, hast Du Minimax im Haus! 

Wir als Kinder machten einen Reim dazu:

Aber Minimax ist Mist, wenn Du nicht zu Hause bist!

Oder eben die Sirene nicht hörst, weil du so tief schläfst!

 


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